Viele werden es gelesen haben, Götz Aly’s merkwürdige Bemerkungen über unser Verein „Leute am Teute“ in der Berliner Zeitung, dem offenbar kaum Recherche voraus gegangen war. (Unten der betreffende Auszug)
Obwohl es uns eigentlich egal seien könnte (Was stört’s die stolze Eiche, wenn sich das Borstenvieh an ihm schabt?), war ich doch sauer genug um ein Leserbrief zu schreiben, das gerade in der Wochenausgabe in guter Länge abgedruckt wurde. Manchmal lohnt es sich, vielleicht, ein bisschen sauer zu werden.
Sehr geehrter Herr Aly!
Danke für Ihren Beitrag vom 19ten Mai. Was Plebisziten angeht bin ich voll und ganz Ihrer Meinung, aber verstehe nicht, warum Sie gerade unseren Verein „leute am teute“ durch den „Gentrifiziererdreck“ ziehen wollen. Gerade ein Historiker müsste doch wissen, das man etwas mehr Recherche betreiben sollte als auf eine Webseite zu gehen und gerade mal EIN Beitrag zu lesen…
Sie haben sich unglücklicher Weise den einzigen Beitrag auf unserer Webseite herausgepickt der von mir ist, unter den vielen Anderen zum Thema Haus der Demokratie, Fotoausstellungen über Gentrifizierung, 1ster Mai Demo Vorbereitungen und diverse Konzerte und Veranstaltungen. Deshalb musste ich zur Verteidigung des Vereins schreiben…
Zum Verein: Der wurde 1991 gegründet und ging aus der Bürgerbewegung der DDR hervor. Junge Menschen die hier wohnten und ihr eigenes Umfeld mitgestalten wollten, sowohl politisch als auch persönlich. Sozialleben miteinander. Entgegen die kapitalistischen Werte, die auf sie einströmten. Der Komplette Platz wurde von diesem Verein von einer Betonwüste a la 70er-DDR zu einer grünen Hügellandschaft verwandelt. Der (immer noch) Schulleiter der Teutoburger Schule Herr Marzineck, half damals kräftig mit. Klar, der Teute wurde schöner, attraktiver und somit wurde die Gegend dann auch für die „Gentrifizierer“/angehende Grossbesitzer aus dem Westen auch sehr attraktiv. Die Menschen die hier wohnten konnten sich die Häuser nicht leisten, trotz Spottpreisen, oder waren grundsätzlich gegen die Idee von Besitz. Warum kaufen, wenn mieten viel sozialer ist? Vertrauen in eine kommunale Politik die Heterogenität sichern würde, oder? Milieuschutz, Mieterschutz. Viele ahnten nicht wie sehr in den nächsten 20 Jahren hier die Mieten steigen würden.
Heutzutage besteht der Verein aus vielleicht 40 Mitgliedern, circa 10 davon aktive. Mehr als die Hälfte stammt aus „alten Zeiten“. Dennoch freuen wir uns wenn Zugezogene oder „Gentrifizierer“ Lust haben mit zu mischen, da wir die Arbeit allein kaum bewältigen können, und es uns darum geht, unser Miteinander sozial zu gestalten.
Wir versuchen, entgegen alle Individualisierung und Verkapselung um uns rum, ein klein bisschen Gemeinschaft zu pflegen, die Alten und Jungen mit einzubeziehen. Die Kinder hier kümmern sich um die Hochbeete, sie veranstalten Kuchenbasare um Geld zu sammeln für neues Spielgerät weil der Bezirk nicht in der Lage ist, das marode abgebaute Spielgerät zu ersetzen.
Das Platzhaus das uns zu Verfügung steht haben wir renoviert, und überlassen es anderen Vereinen und Aktivisten umsonst, damit sie sich anderswo die Raummiete sparen können. Wir pflegen den Platz, mähen/säen/bewässern den Rasen damit mehr als eine Sandwüste da ist für die Kinder und Familien hier, und ja, auch für die Touristen, die Alkis, die Kiffer, die Polnischen Arbeitslosen). So ein kleiner Platz. So viele Menschen mit so vielen verschiedenen Bedürfnissen. So ein kleiner Spiegel unserer wandelnde Stadt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn sie nächstes Mal ein bisschen gründlicher recherchieren. Wir stecken viel Kraft und Herzblut in unser Verein, und so eine Pauschalisierung/falsche Darstellung entmutigt und macht traurig.
Galina Green, Berlin-Prenzlauer Berg