Heute sollte gefeiert werden – 18 Jahre lang wurde die bauliche Modernisierung im Sanierungsgebiet Teutoburger Platz gefördert, so wie auch in anderen Gebieten drum herum. Das Ergebnis kennen wir: Ein vollkommen umgekrempelter Kiez, der zu den teuersten Gegenden der Stadt zählt. Nun war man zusammengekommen, vor allem all jene die von der Sanierungskulisse gelebt und solche die sich politisch damit ins Rampenlicht gestellt hatten. Wie hieß es in der Einladung? „Durch das gemeinschaftliche Engagement aller Beteiligten konnte das Sanierungsziel, ein familienfreundliches und modernes Wohngebiet zu entwickeln, erreicht werden.“ Und noch einmal: „Die wesentlichen Sanierungsziele sind erreicht.“ Die Ausstellung feiert u.a. das überdurchschnittliche Einkommensniveau der heutigen Bevölkerung im Gebiet.
Dass die früheren Bewohner/innen aber nicht einfach wohlhabender geworden sind, sondern überwiegend der Gentrifizierung des Stadtteils und den Plänen der davon profitierenden Immobilienverwerter weichen mussten, daran erinnerte zu Beginn der Ausstellungseröffnung ein Auftritt, den die Veranstalter nicht erwartet hatten. Etwa 20 Mieter/innen aus der Nachbarschaft verwandelten die Jubel-Veranstaltung kurzerhand in eine Trauerfeier. Ein Kranz wurde abgelegt, dazu Grabblumen und -kerzen. Schilder erklärten, um wen und was zu trauern sei: Die zahlreichen verdrängten Nachbar/innen und die vielen verloren gegangenen sozialen Orte, die dem Aufwertungsdruck nicht hatten Stand halten können. Eine Traueransprache wurde ebenfalls gehalten, die wir im Folgenden wiedergeben wollen:
Liebe Trauergemeinde! Werte Trauergäste!
Wir alle sind an diesem Freitag, einem 13., an diesem Ort zusammengekommen, um vom Sanierungsgebiet Teutoburger Platz endgültig Abschied zu nehmen. Die Häuser sind zwar geblieben, aber die Menschen, die diese Häuser bewohnten und sie mit Leben füllten, sind von uns gegangen.
Wir trauern heute um ganz Pankow und Prenzlauer Berg: Um Mieterinnen und Mieter, die nichts mehr zu beißen haben, weil sie jetzt so viel für die Miete zahlen müssen. Um verdrängte und traumatisierte Einwohner, die ihre Wohnungen aufgeben mussten, weil sie die Schikanen der neuen Eigentümer nicht mehr ertrugen. Um Alte, Arme und Arbeitslose, die weggezogen sind, weil in diesem Bezirk nur Menschen mit Geld willkommen sind.
Darüber hinaus gedenken wir auch: der freien, unverbauten Flächen, der sozialen Infrastruktur, Jugendeinrichtungen, Clubs, Kneipen, Läden – die Platz für Biosupermärkte, Jogastudios, Edelrestaurants und Markenboutiquen machen mussten.
Es ist nun an der Zeit, all diese Menschen und Einrichtungen zu verabschieden. Tun Sie das bitte jetzt – im Hören wie im Schweigen und in aller Traurigkeit.Meine lieben Trauergäste,
der Leichenschmaus ist hiermit eröffnet.
Einigen Anwesenden sprach dies aus der Seele, während anderen die Feierlaune vergangen war. Baustadtrat Kirchner (Grüne), seit Wochen in Wahlkampfstimmung, war sichtlich sauer darüber, dass ihm die Selbstdarstellungsshow verhagelt worden war.
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Liebe Trauergemeinde! Werte Trauergäste!
Wir alle sind an diesem Freitag, einem 13., an diesem Ort zusammengekommen, um vom Sanierungsgebiet Teutoburger Platz endgültig Abschied zu nehmen. Die Häuser sind zwar geblieben, aber die Menschen, die diese Häuser bewohnten und sie mit Leben füllten, sind von uns gegangen.
Wir trauern heute um ganz Pankow und Prenzlauer Berg: Um Mieterinnen und Mieter, die nichts mehr zu beißen haben, weil sie jetzt so viel für die Miete zahlen müssen. Um verdrängte und traumatisierte Einwohner, die ihre Wohnungen aufgeben mussten, weil sie die Schikanen der neuen Eigentümer nicht mehr ertrugen. Um Alte, Arme und Arbeitslose, die hier weggezogen sind, weil in diesem Bezirk nur Menschen mit Geld willkommen sind.
Darüber hinaus gedenken wir auch: der freien, unverbauten Flächen, der sozialen Infrastruktur, Jugendeinrichtungen, Clubs, Kneipen, Läden – die Platz für Biosupermärkte, Jogastudios, Edelrestaurants und Markenboutiquen machen mussten.
Es ist nun an der Zeit, all diese Menschen und Einrichtungen zu verabschieden. Tun Sie das bitte jetzt – im Hören wie im Schweigen und in aller Traurigkeit.
Meine lieben Trauergäste,
der Öeichenschmus ist hiermit eröffnet.
Toll von allen, die das vollbracht haben. Frank.
superaktion, aber: gibt es denn keine fotos?
Ich konnte bei der Veranstaltung nicht dabei sein. Jedoch habe ich auch aufgrund des obigen Berichts Jens Holger Kirchner angefragt, was er auf der Veranstaltung eigentlich gesagt hat. Hier seine Antwort:
Guten Tag,
ich habe auf der Veranstaltung, nachdem die Aktivisten Ihren Trauerzug dort abhielten und das Sanierungsgebiet zu Grabe trugen und eine Resolution verlesen hatten) daran erinnert,
woher wir kamen:
kaputte Häuser, kaputte Dächer, marode Fassaden, Ofenheizung, Einfachfenster, marode Infrastruktur wie kaputte Schulen, KiTas, Straßen und Freiflächen und das Stadtbad Oderberger oder das Gelände Pfefferberg
wo wir sind:
2 topp sanierte Schulen, ein sanierter Teute, neue Spielplätze, 1 sanierte Oderberger und Kastanienallee, eine Fahrradstraße Choriner, sanierte Gehwege in der Lottum usw, auch die vielen sanierten Wohnungen nicht zu vergessen und das Stadtbad Oderberger, wo gerade letzte Woche die Baugenehmigung für die Sanierung erteilt wurde
Auch habe ich daran erinnert, dass seit 2001 der Pfefferberg eine rasante Entwicklung genommen hat
Ich habe gewürdigt, dass 15% der Bevölkerung, die vor 18 Jahren zu Beginn der Sanierung schon hier lebten, noch da sind und das ich das als einen Erfolg sehe
Auch hat sich die durchschnittliche Wohndauer von 7,5 auf 10,2 Jahre erhöht
Und das vor dem Hintergrund, dass bereits vor 1989 ein Haufen Leute weggegangen sind und nach 1989 auch – da sind 15 % in 18 Jahren enorm viel
Ich habe auch daran erinnert, dass auch Leute gehen mussten weil sie die Miete nicht mehr zahlen konnten. Das aber nicht alle aus diesem Grund den Kiez verlassen haben.
Und ich habe darauf verwiesen was noch passieren wird:
Gehwegsanierung Schwedter Straße, Neuordnung Templiner Straße vor Schule, Sanierung Stadtbad Oderberger, Theaterneubau auf dem Pfefferberg,
und das meine Abteilung Stadtentwicklung gerade dabei ist, das gesamte ehemalige Sanierungsgebiet Teutoburger Platz als Soziales Erhaltungsgebiet auszuweisen, in dem dann die berühmtern Regeln des Verbots der Luxussanierung, der Zusammenlegung von Wohnungen und das Ferienwohnungsverbot gelten
Kurzum: Wenn das Sanierungsgebiet nicht gewesen wäre, hätten 18 Jahre halbwegs gesteuerte Sanierung nicht stattgefunden. Dann wären auch 180 Mio. Euro öffentlicher Gelder nicht in den Kiez geflossen – na das wäre erst mal super geworden.
Dann wären jetzt vermutlich entweder die Häuser alle kaputt und keiner mehr da oder keiner mehr da, weil alles privat ohne Mieterschutz saniert worden wäre.
Von den öffentlichen Einrichtungen ganz zu schweigen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Jens-Holger Kirchner
Bezirksamt Pankow von Berlin
Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung