Frau B. erzählt, wie schrecklich ihr Berlin erschien, schmutzig, unfreundlich, endlos die Zeit in dem winzigen Häuschen zu fünft, wie sie bei der KWV* um eine Wohnung gekämpft hat und nach zwei Jahren beide Seiten etwas gewonnen hatten: Frau B. eine Ausbauwohnung und die KWV eine Mitarbeiterin. Ich habe ihnen gesagt, ich würde es besser machen, da haben die gesagt: bitte schön!
Und bitte schön, ich habe es gut gemacht, sagt Frau B. Berlin gefiel ihr glänzend seitdem.
Der Mann sagt: Weil sie dir einen Revolver gegeben haben, um die Miete zu kassieren.
Das auch, sagt Frau B., Prenzlauer Berg sei doch verrufen bis sonstwohin, nie hätte sie hierher gewollt, und dann habe sie nicht nur eine Wohnung in der Gegend bekommen, sondern die Aufgabe, sich um andere Wohnungen zu kümmern, die ersten, zweiten, dritten Höfe und ihre Hinterhäuser zu besichtigen, reinzugehen, Wohnungen zu öffnen. Eine Berlinerin ist sie dabei nicht geworden, sie sagt immer noch: die Berliner.
Die Berliner sind hektisch, sie stellen sich wegen einer Schrippe an, die Berliner sind verwöhnt, sie haben alle Westverwandtschaft, und man muss ihnen die richtige Antwort geben, wenn sie zu frech werden. Das hat Frau B. bei der KWV gelernt, Gott sei Dank.
aus: Irina Liebmann: Berliner Mietshaus. (1982)
*KWV = Kommunale Wohnungsverwaltung