Als die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie immer perfekter wurde, gab es für viele Juden nur die Alternative, sich entweder abholen zu lassen oder unterzutauchen. 6000 Berliner tauchten ab und wurden zu „U-Booten“. Nur rund 1400 von ihnen überlebten den Holocaust.
Einer von ihnen hieß Erich Wolff und hat die Nazizeit im Heizungskeller der Katholischen Kirche in der Fehrbelliner Straße überlebt. Eine Ausstellung am Hackeschen Markt widmet sich den Fluchtorten jüdischer Verfolgter.
Spiegel-Online schreibt anlässlich der Ausstellungseröffnung: „Es muss eine atemberaubende Anspannung geherrscht haben, am 1. Oktober 1944 im Pfarrbüro der katholischen Herz-Jesu-Kirche im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Pater Heinrich Kreutz empfängt dort an diesem Tag seinen Nachfolger als Kaplan der Gemeinde, den 23-jährigen Horst Rothkegel. Kreutz soll Rothkegel die Amtsgeschäfte übergeben, ihn mit allen wichtigen Fragen des Gemeindelebens vertraut machen. Darunter allerdings ist ein gefährliches Geheimnis, das Pater Kreutz auf der Seele brennt und von dem Kaplan Rothkegel bis zu diesem Moment nichts geahnt hat: Im Keller der Kirche an der Fehrbelliner Straße 99 versteckt sich ein Jude vor der Deportation ins KZ.
Über zwei Jahre lang lebt Erich Wolff zu diesem Zeitpunkt bereits als „U-Boot“ – so nannte der Berliner Volksmund die abgetauchten Juden, die sich nicht einfach wie Schlachtvieh in die Vernichtungslager deportieren lassen wollten. Erich Wolffs Bruder Walther war bereits tot, umgekommen im Juni 1942 im KZ Sachsenhausen. Zwei Monate nach dem Tod seines Bruders wählt Erich Wolff angesichts der Deportationsorder die einzig verbliebene Überlebenschance: den Weg in den Untergrund.
Eine alte Bekannte gewährt dem 48-Jährigen tagsüber Unterschlupf in ihrer Wohnung in der Skalitzer Straße am Görlitzer Park, gibt ihm Geld und Essen. Übernachten darf er bei ihr nicht, denn sie hat Angst vor den Nachbarn: Erich Wolff ist beinamputiert und fällt auf, besonders bei Bombenalarm, wenn es schnell gehen muss auf dem Weg in den Luftschutzkeller. Am 9. September 1942 lässt sich Erich Wolff von Pater Kreutz katholisch taufen – und haust von nun an im Heizungskeller der Kirche. Das Versteck ist einigermaßen sicher – die Kirche darf nicht geheizt werden, und so hat niemand Grund, den Raum zu betreten. Hans Rothkegel, der neue Kaplan, bewahrt das Geheimnis seines Vorgängers – seine Mutter ist selbst Jüdin. Erich Wolff überlebt den Holocaust und stirbt 1969 im Alter von 75 Jahren. “
Spiegel-Online: Versteckspiel um Leben und Tod
Ausstellung: Dem Leben hinterher – Fluchtorte jüdischer Verfolgter
Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt
Rosenthaler Straße 39
Erster Hof, linker Aufgang
10178 Berlin
Öffnungszeiten: Mo – So 10 – 20 Uhr
Eintritt frei